Frühjahrssitzung des Apothekerparlamentes

Flächendeckender Protest in Westfalen-Lippe: Apotheken schließen am 14. Juni

(Münster, 31. Mai 2023) Das gab es noch nie: Am Mittwoch, 14. Juni werden die meisten Apotheken in Westfalen-Lippe geschlossen sein – bis auf die Nacht- und Notdienstversorgung. „Wir gehen davon aus, dass über 80 Prozent aller Apotheken dem Protestaufruf unseres Bundesverbandes ABDA folgen werden“, kündigt Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening bei der heutigen Sitzung des Westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes an: Overwiening, die seit 2021 in Personalunion auch Präsidentin der ABDA ist, fügt hinzu: „Wir brauchen jetzt ganz dringend ein Apothekenstärkungsgesetz, so wie es die Ampel-Koalition vor eineinhalb Jahren versprochen hat. Denn jeden Tag schließt mindestens eine Apotheke in Deutschland ihre Türen für immer.“

Wirtschaftliche Gründe seien dabei ebenso bedeutsam wie der Mangel an Personal und Nach­wuchs. „Mangelnde Anerkennung und Frustration über überbordende Bürokratie gehören ebenso zu den Gründen wie eine extreme Arbeitsverdichtung und der mangelnde Wille der Politik, den Apotheken und den dort arbeitenden Menschen zu helfen“, kritisiert Overwiening. „Im Klartext bedeutet Apotheken kaputtzusparen, die flächen­deckende, niedrigschwellige und wohnortnahe Arzneimittelversorgung kaputtzusparen.“ Weil das nicht im Sinne der Patientinnen und Patienten sei, protestierten die Apotheken-Teams letztlich auch für sie.

Zuvor hatte Overwiening den 97 Delegierten dargelegt, dass die Zahl der Apotheken im Landesteil Westfalen-Lippe mittlerweile im 19. Jahr in Folge zurückgeht. Der Sinkflug hat sich sogar noch beschleunigt: „Aktuell zählen wir in den drei Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster nur noch 1.748 Apotheken. Davon werden 478 als Filialen geführt“, so Overwiening. Der sich daraus ergebende Wert von nur noch 1.270 Selbstständigen sei der niedrigste seit 1965. Die Apothekerkammer rechnet bis zum Jahresende mit bis zu 30 weiteren Schließungen.

Weiterhin über 1.000 offene Stellen in den Apotheken im Landesteil

Auch wenn sich die Zahl der Selbstständigen nahezu halbiert hat, bleiben Apotheker*innen, PTA und PKA weiterhin stark gefragt: In den westfälisch-lippischen Apotheken sind nach wie vor etwa 1.000 Stellen unbesetzt. Auf jeden Stellensuchenden kommen derzeit rein rechnerisch mehr als zehn offene Stellen. Ausführlich debattierte das Apothekerparlament am Mittwoch über Strategien gegen den Fachkräftemangel. Konkret wurde die Schaffung weiterer PTA-Schulen und eines weiteren Hochschulstandortes für Pharmazie in Ostwestfalen gefordert. Dank einer Stiftungsprofessur der Kammer können an der Universität Münster mittlerweile mehr Studienplätze angeboten werden. Seine Vorstellungen für eine patientenorientierte Pharmazie und für ein modernes, zukunftsweisendes Pharmaziestudium erläuterte der Inhaber des von der AKWL gestifteten Lehrstuhls, Professor Dr. Björn Burckhardt.

Pharmazeutische Dienstleistungen etablieren sich

Als erfreuliche Entwicklung bilanzierte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening das wachsende Angebot der neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen in den Apotheken. „Mehr als jede zehnte Apotheke in unserem Landesteil ist bereits dabei, und der Run auf unsere Fortbildungsangebote hierzu ist immens“, konstatierte Overwiening. Mit Verabschiedung des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes (VOASG) haben Patient*innen Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen in Apotheken, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie. Konkret sind das:

  • Erweiterte Medikationsberatung von Patienten mit Polymedikation
  • Pharmazeutische Betreuung von Patienten nach Organtransplantation
  • Pharmazeutische Betreuung von Patienten unter oraler Antitumortherapie
  • Standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck-Patienten, die mindestens ein antihypertensives Medikament einnehmen
  • Standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik für Patienten ab einem Alter von sechs Jahren

Stichtwort APOTHEKERKAMMER

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist die berufliche Vertretung der 8.163 Apothekerinnen und Apotheker im Landesteil, davon stehen 5.600 aktiv im Berufsleben (zu etwa 80 Prozent in der öffentlichen Apotheke, aber auch in Krankenhausapotheken, Wirtschaft und Verwaltung). In Westfalen-Lippe gibt es aktuell 1.748 Apotheken. Die westfälisch-lippischen Apotheken bieten derzeit 16.766 (Vorjahr: 16.700) wohnortnahe Arbeitsplätze.

Stichwort KAMMERVERSAMMLUNG

Die Kammerversammlung ist das oberste Beschlussorgan der Apothekerkammer. Das Apothekerparlament wird im Fünf-Jahres-Rhythmus gewählt, das nächste Mal im Frühjahr 2024. Es umfasst 97 Delegierte.


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Kämpferisch zeigten sich die Delegierten des Westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes in Protest-Westen - schließlich steht der Protesttag am 14. Juni an. Über 80 Prozent der Apothekenleiter wollen ihre Apotheken als Zeichen des Protests gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung geschlossen halten. Fotos: AKWL/Sokolowski

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„Wir brauchen jetzt ganz dringend ein Apothekenstärkungsgesetz, so wie es die Ampel-Koalition vor eineinhalb Jahren versprochen hat“, betonte Kammer- und ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kämpferisch.

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