Apotheker in Westfalen-Lippe wollen den "Aufbruch im Umbruch"
(Münster, 14. Mai 2008) Für einen "Aufbruch im Umbruch" votierte heute die Mehrheit der 121 Delegierten des westfälisch-lippischen Apothekerparlaments. Sie folgten einer Beschlussvorlage des Vorstandes der Apothekerkammer für eine umfassende Qualitätsoffensive im Landesteil. "Wir schreiben damit die hohen Qualitätsstandards, die viele hundert Premium-Apotheken in unserem Landesteil bereits jetzt erfüllen, für alle Apotheken in unserer Berufsordnung fest", erläutert Hans-Günter Friese, Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
In seinem traditionellen Präsidentenbericht hatte Friese zunächst ein sehr leidenschaftliches Plädoyer für eine noch stärkere heilberufliche Ausrichtung des Berufsstandes gehalten: „Wir Apotheker müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir inzwischen in einer ganz neuen pharmazeutischen Welt leben", so der Kammerpräsident. Habe es in früheren Jahren ausschließlich einen Qualitätswettbewerb unter den Apotheken um die beste Beratung und Dienstleistung gegeben, so sei mit der Gesundheitsreform 2004 auch der Preis- und Verdrängungswettbewerb hinzugekommen: „Durch die Einführung des Versandhandels, die Möglichkeit der Filialgründung und die Preisfreigabe bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, hat sich der Wind gedreht. Unsere Antwort darauf lautet, die pharmazeutischen Segel neu zu setzen", so der Kammerpräsident.
Die Apotheken in Westfalen-Lippe würden sich daher selbstbewusst dem Preis- und Verdrängungswettbewerb stellen, zugleich aber auch den heilberuflichen Part ihrer Berufsausübung stärken. Der in der heutigen Frühjahrssitzung der Kammerversammlung gefasste Grundsatzbeschluss sieht folgende Eckpunkte für die Qualitätsoffensive vor, die ab Januar 2009 sukzessive umgesetzt werden soll:
- Das im Jahr 2003 eingeführte freiwillige Fortbildungszertifikat wird durch eine Pflichtfortbildung abgelöst. Alle Apotheker/innen, die in einer öffentlichen Apotheke tätig sind, müssen im Besitz eines gültigen Fortbildungszertifikats sein. Hierfür ist eine Übergangsfrist von drei Jahren vorgesehen.
- Wenn bei den Testkäufen der Apothekerkammer zur Beratungsqualität und zur Rezepturherstellung in Apotheken Defizite festgestellt werden, sollen diese berufsrechtlich geahndet werden.
- Alle Apothekeninhaber sind zum Aufbau eines apothekenspezifischen Qualitätsmanagementsystems verpflichtet. Auch hier ist eine Übergangsfrist von drei Jahren vorgesehen.
Bestnoten für die Apotheken als Dienstleister
„Das Bessere ist der Feind des Guten - so könnte das Motto unserer Qualitätsoffensive lauten", sagt Gabriele Regina Overwiening, Vizepräsidentin der Apothekerkammer. Denn als Dienstleister stehen die Apotheken derzeit bereits an der Spitze aller Branchen, wie eine jüngste Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt.
Im jüngsten Dienstleistungsindex vom April 2008 wurde mit Blick auf 21 Branchen danach gefragt, wo der Service gut sei und wo schlecht. Den Spitzenwert des Jahres 2002 konnten die Apotheken übertreffen und landeten bei 82 positiven Prozentpunkten. Dieser Wert ergibt sich aus der Verrechnung von positiven und negativen Bewertungen. „Dieses Resultat belegt, dass die Patienten ihre ganz persönlichen und zumeist guten Erfahrungen in der Apotheke ihres Vertrauens machen. Sie wissen die wohnortnahe, patientenorientierte Arzneimittelversorgung mehr denn je zu schätzen", so Gabriele Regina Overwiening.
Apropos Sicherheit: Angesichts einer drastischen Zunahme an Arzneimittelfälschungen setzt die Apothekerkammer auf Aufklärung. „Wir können uns den Warnungen der Weltgesundheitsorganisation und des Bundeskriminalamtes vor Arzneimittelfälschungen und illegalen Importen nur anschließen und informieren derzeit unsere Kunden mit Plakaten und Handzetteln über die Gefahren von gefälschten Medikamenten", so Overwiening.
Gefälschte Arzneimittel enthalten häufig völlig andere Wirkstoffe als die Originale. Teilweise fehlen die Wirkstoffe sogar gänzlich oder deren Konzentration ist falsch. Produziert wird ohne jegliche Qualitäts- und Hygienestandards. Die Vizepräsidentin der Apothekerkammer: „Das Grundproblem liegt darin, dass die Angebote seriöser Versandhändler im Regelfall nicht von denen der kriminellen Internetanbieter zu unterscheiden sind."
Allein 2007 sind dem Zoll dreimal so viele gefälschte Medikamente ins Netz gegangen als ein Jahr zuvor". Inzwischen haben weite Teile der organisierten Kriminalität den Handel mit Arzneimittelfälschungen für sich entdeckt, weil er zum Teil lukrativer ist als der Drogenhandel: „Angesichts zunehmend offener Grenzen kann man sich leicht ausmalen, wie hoch die Dunkelziffer nicht entdeckter Fälschungen ist", so Overwiening.
Weitere Themen der Frühjahrssitzung
Die 121 Delegierten des westfälisch-lippischen Apothekerparlaments haben bis in die Abendstunden noch eine umfangreiche Tagesordnung abzuarbeiten. Auf dem Programm stehen unter anderem die Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der Kammer und des ihr angeschlossenen Versorgungswerkes, diverse Satzungen und die Wahl von 20 Delegierten für den Deutschen Apothekertag im September 2008 in München.