Apotheker gegen Lockerung des Arzneimittelwerbeverbotes
(Münster, 19. November 2008) Mit einer umfassenden Qualitätsoffensive wollen die Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen-Lippe den Standard ihrer Beratungen und selbst hergestellten Arzneimittel sichern und weiter verbessern. Den Beschluss für ein umfassendes „Qualitätspaket“ fasste das 121-köpfige Apothekerparlament auf seiner heutigen Herbstsitzung mit großer Mehrheit. Der Startschuss wird am 1. Januar 2009 erfolgen.
„Unser heutiges Votum für die pharmazeutische Qualität ist keineswegs nur ein Lippenbekenntnis, sondern ein echtes Aufbruchsignal: Wir Apotheker untermauern unser Qualitätsbekenntnis durch den Erwerb von Fortbildungszertifikaten und die flächendeckende Einführung pharmazeutischer Qualitätssicherungssysteme", erläutert Kammerpräsident Hans-Günter Friese.
Auch die Kunden und Patienten sollen verstärkt nachvollziehen können, in welchem Umfang „ihre" Apotheke sich für eine optimale Arzneimittelversorgung einsetzt. „Die apothekerliche Qualität wird nach außen durch ein bundeseinheitliches Qualitätssiegel dokumentiert", so Friese. Dieses erwerben all die Apotheken, die ein apothekenspezifischen Qualitätsmanagementsystem (QMS) nach DIN EN ISO 9001:2000 aufbauen. Außerdem führt die Apothekerkammer jährlich mehr als 1.000 Beratungs- und Rezepturtestkäufe zur Qualitätssicherung durch. „Dieses Qualitätspaket made in Westfalen-Lippe ist bundesweit bisher ohne Beispiel", sagt Friese.
Arbeitshilfen der Apothekerkammer
„Unsere Apothekerkammer unterstützt die Qualitätsoffensive durch eine Vielzahl von Arbeitshilfen", ergänzt Vizepräsidentin Gabriele Regina Overwiening. So wird das Angebot an Präsenz-Fortbildungen verdoppelt und weiter dezentralisiert. Ebenso werden verstärkt E-Learning-Angebote unterbreitet und Beratungstrainer für Teamfortbildungen in der Apotheke bereitgestellt. Als Einstieg in ein QMS wird allen Apotheken ein pharmazeutisches Basismodul (pQM) mit kostenfreien Schulungen angeboten.
Die Mehrausgaben für die Qualitätsoffensive tragen wesentlich dazu bei, dass der Kammerhaushalt, über den das Apothekerparlament heute berät und beschließt, um sechs Prozent wächst: Die Ausgaben steigen von 4,60 auf 4,87 Millionen Euro. „Wir haben allein den Fortbildungsetat um nahezu 70 Prozent angehoben", so die Vizepräsidentin.
Overwiening: Keine Aufweichung des Werbeverbotes zulassen!
Mit deutlichen Worten kritisiert Gabriele Regina Overwiening den jüngsten Vorschlag des deutschen EU-Kommissars Günter Verheugen zur Aufweichung des europaweiten Arzneimittelwerbeverbotes. Verheugen will durchsetzen, dass Pharmaunternehmen künftig per Anzeigen im Internet sowie in Zeitungen und Zeitschriften über Preise, Nebenwirkungen, Anwendungsgebiete und Zusammensetzung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln informieren können.
„Jüngste Studien zeigen, dass die Pharmabranche in den USA etwa 50 Prozent mehr für Werbung und Marketing als für die Forschung und Entwicklung von Arzneimitteln ausgibt", so Overwiening. „Wenn der EU-Kommissar dem Drängen internationaler Pharmakonzerne nach einer Aufweichung des Werbe- und Informationsverbotes nachkommt, wird damit letztlich der sinnlose Mehrverbrauch von Arzneimitteln angeheizt. Wir würden dann einmal mehr ein wichtiges Stück Verbraucherschutz dem Kommerz opfern."
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DAS APOTHEKERPARLAMENT (KAMMERVERSAMMLUNG)
Die Kammerversammlung ist das oberste Beschlussorgan der 7.000 Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen-Lippe. Das Apothekerparlament wird im Fünf-Jahres-Rhythmus gewählt (die nächsten Wahlen finden im Juni 2009 statt) und tritt zweimal jährlich zusammen. Auf der Tagesordnung einer jeden Herbstsitzung stehen u. a. die Beratung und Beschlussfassung des Haushaltsplans für das kommende Jahr sowie Regularien wie z. B. Satzungsänderungen.
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