Wie Corona und die Digitalisierung den Einzelhandel verändern und was das für Apotheken bedeutet

„Ob online oder offline - der Kunde muss im Mittelpunkt stehen“

(Münster, 23. Juni 2020) Wie verändert die Corona-Krise den Einzelhandel – und was bedeutet dies im digitalen Zeitalter für die Apotheke vor Ort? Diese Frage stand im Fokus der dritten Ausgabe von „AKWL-TV live“. Mehr als 200 Mitglieder und Gäste verfolgten den Live-Vortrag und die Diskussion von Dr. Kai Hudetz (Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung Köln) und Dr. Hannes Müller (Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Bundesapothekerkammer) an den Bildschirmen, nahmen am begleitenden Online-Voting teil und stellten per Live-Chat ihre Fragen direkt an die Gäste im Studio. Moderator Matthias Bongard führte durch das 90-minütige Format.

Handel muss sich neu erfinden

Immer mehr Käufe – auch bei Gütern des täglichen Bedarfs – werden von Konsumenten ins Internet verlagert, „Big Player“ wie Amazon erhöhen den Druck auf die kleinen Händler, Social Media und lokale Onlinemarktplätze werden als Absatzkanäle immer wichtiger: „Die Corona-Krise beschleunigt eine Entwicklung, die wir vorher schon beobachtet haben“, so Dr. Kai Hudetz. Der stationäre Handel ist unter Druck und muss sich bisweilen „neu erfinden“, auch digitaler werden, um sich bei verändertem Konsumentenverhalten in einem sich wandelnden Wettbewerb zu behaupten. Das gelte auch für die Apotheke vor Ort. Am Ende des Tages ließe sich die entscheidende Frage aber nicht auf ein schlichtes „online oder offline“ herunterbrechen. „Viele informieren sich online und offline, nutzen den Versandhandel, haben aber auch eine Stammapotheke vor Ort.“ Eine Beobachtung, die auch Hannes Müller gemacht hat: Auch treue Kunden kaufen schon mal woanders ein, viele kaufen zudem selektiv: Bei akutem Bedarf nach Medikamenten und Beratung geht es stets in die Apotheke vor Ort.

„Händler müssen den Kunden – egal ob online oder offline – in den Mittelpunkt stellen und einen Mehrwert anbieten – und dabei das Beste aus zwei Welten vereinen“, folgt für Dr. Kai Hudetz daraus. Ein Selbstläufer ist das Heben von Onlinepotenzialen für Vor-Ort-Apotheken aber nicht – professionelles und frühzeitiges Handeln sind angezeigt. „Denn die Wettbewerber schlafen nicht – ganz im Gegenteil“, so Hudetz. In vielen Fällen fehle es jedoch noch an Wissen über die unterschiedlichen Kanäle zur Kundenansprache und die Möglichkeiten, Online- und stationären Handel zu verknüpfen.

Die Apotheke als starke Marke

Die Vor-Ort-Apotheken sieht der IFH-Geschäftsführer dennoch in einer guten Ausgangssituation: Beratung und Sicherheit seien im Wettbewerb mit Arzneimittelversendern echte Trümpfe, das rote Apotheken-A das Symbol einer „starken, mit Vertrauen aufgeladenen Marke“, so Hudetz. Hinzu kommt, dass Medikamente eben keine Ware wie jede andere seien, betont Dr. Hannes Müller. Arzneimittel dürften nicht bagatellisiert werden, die Rolle des Apothekers als AMTS-Manager werde immer wichtiger.

Die wachsende Digital- und Onlineaffinität der Apothekenkund*innen, die anstehende Einführung des E-Rezepts sowie immer bessere digitale Servicelösungen für Apotheken und die hohe Bindung an Apotheken vor Ort legen nahe, dass mit der zunehmenden Digitalisierung auch Chancen für Vor-Ort-Apotheken einhergehen, waren sich Dr. Hannes Müller und Dr. Kai Hudetz einig. „Die Digitalisierung kann ein echter Game-Changer sein und gerade auch für kleinere Apotheken neue Potenziale eröffnen“, so Müller, der mit 33 Jahren der jüngste Vertreter in den ABDA-Gremien ist und die Perspektive der jüngeren Generation in die Diskussion einbrachte. Der Optimismus überwiegt auch bei der Mehrzahl der Zuschauer vor den Bildschirmen: Nach ihren Assoziationen zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen gefragt, geben deutlich mehr von ihnen an, dass sie mit einer effizienteren und besseren Versorgung rechnen, mit mehr Zeit für Kunden und Patienten und mit einem besseren Miteinander im Gesundheitswesen, als dass sie Nachteile erwarten.

Die Aufzeichnung der Live-Sendung ist noch einige Zeit auf www.akwl-live.de zu sehen. Die Zugangsdaten erfahren Interessierte nach einer kurzen E-Mail an presse@akwl.de.


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Dr. Kai Hudetz (li.), Geschäftsführer des IFH Köln, und Dr. Hannes Müller, Vorstandsmitglied der AKWL, diskutierten live über Digitalisierung und die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Einzelhandel und die Apotheken. Foto: AKWL/Sokolowski

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