Minus 54: Stärkster Rückgang der Apothekenzahlen seit dem Jahr 1945
(Münster, 8. Januar 2020) Mit einem Negativrekord startet die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) in ihr Jubiläumsjahr 2020: Die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe ist weiterhin stark rückläufig. Für 2019 vermeldet die AKWL den stärksten Rückgang der Betriebsstätten in der nunmehr 75-jährigen Geschichte der berufsständischen Selbstverwaltung.
„65 Apothekenschließungen standen im vergangenen Jahr leider nur elf Neueröffnungen gegenüber“, sagt Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der AKWL. Damit verringerte sich die Gesamtzahl der Apotheken im Landesteil Westfalen-Lippe um 54 auf nur noch 1.868. Weiterhin wird etwa jede vierte Apotheke in Westfalen-Lippe als Filiale betrieben. Die AKWL zählte zum Jahresende 2019 insgesamt 1.397 Haupt- bzw. Einzelapotheken (-45) und 471 Filialapotheken (-9).
Zahl der Selbstständigen auf dem Niveau von 1970
„Die Zahl der Selbstständigen in unserem Beruf ist damit auf das Niveau des Jahres 1970 zurückgefallen“, bilanziert Dr. Andreas Walter, der zugleich befürchtet, dass sich der Negativtrend auch 2020 fortsetzen wird. Die Apothekenzahlen seien jetzt bereits im 15. Jahr in Serie rückläufig. „Wir warten weiterhin darauf, dass sich die Lippenbekenntnisse der Großen Koalition zur Stärkung der Apotheke vor Ort endlich in konkretem politischen Handeln niederschlagen. Nur mit warmen Worten und Ankündigungen allein werden wir die flächendeckende Versorgung der Patienten in Westfalen-Lippe nicht sichern können“, kritisiert er.
Als konkrete Gründe für die Schließungen sieht die Kammer unter anderen die unzureichende Dynamisierung der apothekerlichen Vergütung, die Konkurrenz durch ausländische Versender und die zunehmende Konzentration von Medizinern in Ärztezentren. Auch der demographische Wandel spielt eine entscheidende Rolle: Fast 500 Inhaberinnen und Inhaber sind 60 Jahre und älter. Jeder zehnte Inhaber ist 70 Jahre und älter: „Wenn es uns nicht gelingt, mehr junge Apotheker für eine selbstständige Tätigkeit zu begeistern, wird sich der Negativtrend weiter fortsetzen“, befürchtet Dr. Andreas Walter.
Stärkste Rückgänge in Gelsenkirchen, Hagen und Recklinghausen
Die deutlichsten Rückgänge gab es 2019 in den Städten Gelsenkirchen (fünf Apothekenschließungen), Hagen (vier Schließungen) und Recklinghausen (drei Schließungen). Jeweils zwei Apotheken verloren die Städte Bad Salzuflen, Dortmund, Gütersloh, Hamm, Herten und Siegen.
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sieht durch den Rückgang erste Auswirkungen auf eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln: „In einigen Regionen und Städten wird die Luft immer dünner. „Dass in Westfalen-Lippe binnen 15 Jahren sage und schreibe 400 Apotheken für immer vom Netz gegangen sind, macht sich natürlich bemerkbar, unter anderem in einer stärkeren Notdienstbelastung der verbleibenden Apotheken. Wir brauchen daher ganz dringend verlässliche Rahmenbedingungen, damit die Apotheken auch weiterhin die flächendeckende Versorgung über Tag und in der Nacht gewährleisten können“, fordert der Hauptgeschäftsführer der AKWL.