„Arzneimittel sind keine Schnürsenkel“: Heribert Prantl zur Ethik im Gesundheitswesen
(Münster, 17. September 2018) Ein Plädoyer gegen die Ökonomisierung des Gesundheitswesens, gegen die „Verbetriebswirtschaftlichung“ der Medizin – das war der Gastvortrag von Heribert Prantl bei der elften Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe. Der Jurist und Journalist ist Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung und sprach im vollbesetzten barocken Saal des Erbdrostenhofs zur „Ethik im Gesundheitswesen“. Der Einladung der Stiftung waren über 180 Gäste aus Münster und dem Umland gefolgt.
Heribert Prantl wandte sich gegen eine Gesellschaft, in der der Wert des Menschen am Lineal der Ökonomie gemessen wird. Gegen ein Gesundheitssystem, in dem der Patient danach beurteilt wird, was sich an ihm verdienen lässt. „Ein Krankenhaus wäre dann das Pendant zu einer Kfz-Werkstatt.“ Der Patient wäre nicht mehr Patient, sondern Kunde. In vielen Krankenhäusern würde er schon heute als solcher bezeichnet.
Medikamente seien jedoch keine Autoreifen, keine Schnürsenkel – keine Handelsware wie jede andere. Kritik übte Prantl an der Praxis der Importe und Re-Importe von Arzneimitteln. Die damit verbundene „Umetikettierung“ sei unübersichtlich und ein Einfallstor für Kriminelle. Zwar legal und politisch gewollt, sorge die Importquote dafür, „dass die Arzneimittelsicherheit zerrieben wird“. Der Apotheker könne immer weniger die Qualität der abgegebenen Medikamente garantieren – fatal für den Berufsstand, dessen Zukunft und Reputation doch am Vertrauen der Patienten hingen, so Prantl.
Werte wie Barmherzigkeit, Mitleid – sie passen nicht zur Ökonomie, sie seien für Pflegebedürftige und Kranke jedoch das Wichtigste. „Unser Gesundheitssystem krankt am mangelnden sich Kümmern“, stellte Prantl fest. Die Ethik des Apothekers liege dabei im Spagat zwischen Heilberufler und Kaufmann. Seine Leistung solle sich an der Beratung messen, nicht an der Zahl der abgegebenen Packungen. „Die Beratung ist der Mehrwert gegenüber DocMorris und Co.“, sagte Prantl. Eine „Amazonisierung“ des Apothekenmarktes nannte er fatal.
In ihrer Begrüßung ging Gabriele Regina Overwiening als Vorstandsvorsitzende zuvor schlaglichtartig auf einige durch die Apothekerstiftung geförderte Projekte ein: von der Versorgung von Patienten mit Fachliteratur zu medizinischen und pharmazeutischen Themen durch eine „Apotheken Bibliothek“ über die Verbesserung der Therapie von Parkinson-Patienten bis hin zur Verleihung des Journalistenpreises, der anspruchsvolle Beiträge zu pharmazeutischen Themen auszeichnet.
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