Apothekerparlament für gebührenfreie PTA-Ausbildung und neue Studienplätze in Ostwestfalen
(Münster, 31. Mai 2017) Drei zentrale Anliegen stehen auf dem Wunschzettel der Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen an die neue Landesregierung: Bei ihrer Frühjahrssitzung in Münster-Roxel verabschiedeten die Delegierten des Apothekerparlamentes heute mit großer Mehrheit eine Resolution, in der sie ebenso eine gebührenfreie PTA-Ausbildung wie die Schaffung eines neuen Pharmazeutischen Institutes in Ostwestfalen fordern. „Außerdem erwarten wir, dass sich auch eine neue Landesregierung weiterhin zu der Forderung nach einem Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel bekennt“, so Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.
Die bisherige rot-grüne Landesregierung hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei seinem Vorhaben, ein solches Versandhandelsverbot zu erwirken, unterstützt. Es scheiterte bisher an der Blockade durch die Bundes-SPD. „Nur auf diese Weise können wir die Schieflage für die deutschen Apotheken, die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Arzneimittelpreisbindung für ausländische Versender vom 19. Oktober 2016 entstanden ist, wirksam therapieren. Allein in Westfalen-Lippe sind durch das EuGH-Urteil 16.000 wohnortnahe Arbeitsplätze in unseren Apotheken gefährdet“, so Overwiening. Mit Spannung erwarten die Apotheker daher den Ausgang der Koalitionsverhandlungen in Düsseldorf: „Wir hoffen hier insbesondere auf eine Umkehr bei der FDP. Bei ihr scheinen die Geschäftsmodelle ausländischer Versandapothekenkonzerne derzeit einen höheren Stellenwert zu haben als die mittelständische Apotheke“, kritisiert die Kammerpräsidentin.
In der Resolution der Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen-Lippe heißt es weiterhin: „Wir appellieren an die Landesregierung, die Weichen für eine zukunftsfähige Neuausrichtung der PTA-Ausbildung zu stellen. Zwei wichtige Grundvoraussetzungen dafür sind die Verlagerung der Zuständigkeit für die Ausbildung vom Gesundheits- zum Schulministerium sowie die Gebührenfreiheit für die Schülerinnen und Schüler.“ Die bisherige Landesregierung hatte sich aus der Förderung der PTA-Schulen zurückgezogen. 2015 hatte die Kammer daher ihre finanzielle Förderung massiv ausgebaut und ihre Zuschüsse auf über 500.000 Euro allein im Jahr 2016 nahezu versiebenfacht. Ob das überhaupt zulässig ist, ist wiederum Gegenstand von Klagen dreier Kammermitglieder.
Weil der Bedarf an Apothekerinnen und Apothekern in Zeiten des demographischen Wandels wächst, fordert das Apothekerparlament auch einen weiteren Hochschulstandort für Pharmazie im bisher abgehängten Landesteil Westfalen-Lippe: „In Nordrhein-Westfalen ermöglichen derzeit drei Universitäten das Pharmaziestudium. In Nordrhein sind das die Universitäten in Düsseldorf und Bonn, in Westfalen-Lippe allein die Universität Münster. Wir appellieren an die Landesregierung, die Weichen für ein zusätzliches Pharmazeutisches Institut, z. B. in Ostwestfalen, zu stellen“, heißt es in der Resolution.
Projekt der Apothekerstiftung zu Rabattverträgen
Die 92 Delegierten befassten sich in ihrer ganztägigen Sitzung auch mit den obligatorischen Jahresabschlüssen der Kammer und des ihr angeschlossenen Versorgungswerkes sowie diversen Satzungsänderungen. Darüber hinaus präsentierte Professor Dr. Stephanie Läer (Universität Düsseldorf) die Ergebnisse eines von der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe geförderten Forschungsprojektes. In dem Projekt wurde untersucht, inwiefern sich Rabattverträge für Arzneimittel – und dadurch verursachte häufige Präparatewechsel – bei multimorbiden Patienten auf die Therapietreue auswirken.
Zahlen, Daten, Fakten aus Westfalen-Lippe
Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter präsentierte den Delegierten am Mittwoch die wichtigsten Kennziffern aus dem Jahr 2016: Die Zahl der Arbeitsplätze in den Apotheken sank leicht ab – von 15.851 auf 15.777. Zum Jahresende 2016 sank auch die Zahl der Apotheken von 2.020 auf nur noch 1.998. Zum Stichtag 31. Mai 2017 ist ein weiterer Rückgang auf 1.988 Apotheken zu verzeichnen. In dieser Zahl enthalten sind bereits 464 Apotheken, die als Filiale betrieben werden. „In Westfalen-Lippe gibt es damit nur noch 1.524 Hauptapotheken. Das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 1973“, so Dr. Andreas Walter.
Resolution der Kammerversammlung:
Die Apothekerinnen und Apotheker in Westfalen-Lippe wenden sich mit dieser Resolution an die Mitglieder des neugewählten Landtages, insbesondere an die Fraktionen von CDU und FDP, die gerade über die Bildung einer neuen Regierungskoalition verhandeln:
- Die bisherige Landesregierung hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei seinem Vorhaben, ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rx-VV) zu erwirken, unterstützt. Wir erwarten von einer neuen Landesregierung, dass sie diese grundsätzliche Positionierung beibehält. Die wohnortnahen Apotheken in Westfalen-Lippe garantieren eine umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Wir benötigen keinen zusätzlichen Rx-Versandhandel, der die gewachsenen Strukturen zerstört. Allein in Westfalen-Lippe sind durch das EuGH-Urteil 16.000 wohnortnahe Arbeitsplätze in unseren aktuell 1.988 Apotheken gefährdet.
- Wir appellieren an die Landesregierung, die Weichen für eine zukunftsfähige Neuausrichtung der PTA-Ausbildung zu stellen. Zwei wichtige Grundvoraussetzungen dafür sind die Verlagerung der Zuständigkeit für die Ausbildung vom Gesundheits- zum Schulministerium und die Gebühren-freiheit für die Schülerinnen und Schüler.
- Der Bedarf an Apothekerinnen und Apothekern wächst in Zeiten des demographischen Wandels. In Nordrhein-Westfalen ermöglichen derzeit drei Universitäten das Pharmaziestudium. In Nordrhein sind das die Universitäten in Düsseldorf und Bonn, in Westfalen-Lippe allein die Universität Münster. Wir appellieren an die Landesregierung, die Weichen für ein zusätzliches Pharmazeutisches Institut, z. B. in Ostwestfalen, zu stellen.
Stichwort: Die Apothekerkammer
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist die berufliche Vertretung der 7.575 Apothekerinnen und Apotheker im Landesteil, davon stehen 5.353 aktiv im Berufsleben (zu etwa 85 Prozent in der öffentlichen Apotheke, aber auch in Krankenhausapotheken, Wirtschaft und Verwaltung). In
Westfalen-Lippe gibt es aktuell 1.988 Apotheken. Die westfälisch-lippischen Apotheken bieten derzeit 15.777Arbeitsplätze (Vorjahr: 15.851).
Stichwort: Die Kammerversammlung
Die Kammerversammlung ist das oberste Beschlussorgan der Apothekerkammer. Das 92-köpfige Apothekerparlament wird im Fünf-Jahres-Rhythmus gewählt, zuletzt im Juni 2014.
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