„Versandhandel auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß zurückführen“
(Münster, 3. November 2016) Die Apothekersprecher/-innen aus den 27 Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe trafen sich am Mittwoch zu einer Sondersitzung mit Vorstand und Geschäftsführung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Gemeinsam befassten sie sich mit den Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Arzneimittelversandhandel vom 19. Oktober 2016. Danach dürfen ausländische Versandapotheken die gesetzlich festgelegten Arzneimittelpreise für rezeptpflichtige Arzneimittel unterlaufen und Patienten mit Boni locken. Dies wiederum schließt die Arzneimittelpreisverordnung für deutsche Apotheken aus.
Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening ordnete vor der Diskussion mit den 40 Sprecherinnen und Sprechern der Kammer das Urteil juristisch und politisch ein. „Dass der EuGH am 19. Oktober so deutlich seine bisherige Linie verlassen und in ein Politikfeld eingegriffen hat, das bisher den Mitgliedsstaaten vorbehalten war, hat nicht nur uns, sondern auch viele Gesundheitspolitiker erschüttert.“ Das Urteil sei letztlich dazu angetan, das Solidarprinzip der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zu zerstören. „Es führt in der Konsequenz dazu, dass zuzahlungsbefreite Patienten für ihre Medikamente sogar noch einen geldwerten Vorteil erhalten.“
In der Diskussion zeigte sich deutlich, wie kämpferisch und engagiert die Stimmung derzeit in der Apothekerschaft ist: „Wir müssen alles dafür tun, um trotz dieses massven Eingriffes unser bestens funktionierendes System der flächendeckenden, wohnortnahen Arzneimittelversorgung in Deutschland zu erhalten“, lautet die Devise. Overwiening stellte heraus: „Vorrangig müssen wir die Politik davon überzeugen, dass die beste Lösung ein bereits vom EuGH als europarechtskonform bezeichnetes Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist.“ Bestehende heilberufliche Versorgungsstrukturen durch öffentliche Apotheken dürften nicht durch ungezügelte Marktkräfte in Form von wenigen ausländischen Wirtschaftsteilnehmern zu Lasten der Patienten gefährdet und aufs Spiel gesetzt werden.
„Die Brisanz des EuGH-Urteils soll im Dialog mit den Kunden und Patienten, den örtlichen Medien und den Politikern im Wahlkreis vermittelt werden.“ Michael Schmitz, Geschäftsführer Kommunikation der Apothekerkammer, machte deutlich: „Es darf nicht sein, dass die Politik dieses Problem auf die lange Bank schiebt. Sie muss jetzt handeln.“
In der kurzfristig anberaumten Sitzung verdeutlichte Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter zudem die aktuelle rechtliche Situation für die Apotheken in Westfalen-Lippe. „So seltsam es klingen mag: Für sie hat sich die rechtliche Situation nicht verändert. Die Gewährung von Rx-Boni bleibt deutschen Apotheken nach wie vor untersagt. Sie wird auch weiterhin als Verstoß gegen die Berufsordnung geahndet.“
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