"Wir setzen auf die Versorgung der Flüchtlinge durch die Apotheken vor Ort"
(Münster, 11. November 2015) Zu einem „westfälisch-lippischen Flüchtlingsgipfel“ luden der Apothekerverband und die Apothekerkammer Westfalen-Lippe am Dienstag ihre Sprecherinnen und Sprecher aus den 27 Kreisen und kreisfreien Städten sowie die Amtsapotheker und Vertreter der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg nach Münster ein. 80 Teilnehmer folgten der Einladung in die neuen Räumlichkeiten des Apothekerverbandes am Willy-Brandt-Weg in Münster.
Im Mittelpunkt der dreistündigen Veranstaltung stand der Austausch: „Der Großteil der Herausforderungen, die sich durch die Flüchtlingswelle stellen, werden vor Ort, in den Städten und Kreisen gestemmt. Das gilt auch für die meisten Fragen, die die Arzneimittelversorgung betreffen“, sagte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Dr. Klaus Michels, Vorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), ergänzte: „Uns ist es mit dem Flüchtlingsgipfel gelungen, unsere Multiplikatoren vor Ort über aktuelle rechtliche und organisatorische Fragestellungen zu informieren. Mindestens ebenso wichtig war es aber für uns zu erfahren, wo in den Städten und Kreisen der Schuh drückt und welche Hilfestellungen von Kammer und Verband erwartet werden.“
Anne-Christin Zurlutter, Dezernentin der für die Unterbringung, Betreuung und Zuweisung von Flüchtlingen in Westfalen-Lippe zuständigen Bezirksregierung Arnsberg, informierte zunächst über die enormen Herausforderungen für eine humanitäre Flüchtlingspraxis, die aktuell im Land Nordrhein-Westfalen zu stemmen sei: Im gesamten Jahr 2014 seien 82.000 Flüchtlinge nach NRW eingereist. Im Jahr 2015 seien es bis jetzt bereits 244.000 Flüchtlinge. „Allein in den Monaten September und Oktober haben wir in NRW jeweils über 60.000 Flüchtlinge aufgenommen. Derzeit sind es etwa 2.500 neue Flüchtlinge pro Tag“, so die Dezernentin. Aktuell stünden im Land 292 Notunterkünfte mit einer Kapazität von 71.162 Plätzen bereit.
Im Anschluss erläuterte Zurlutter, wie die medizinische Behandlung und Arzneimittelversorgung der Flüchtlinge geregelt sei. „Dabei setzen wir auf die Versorgung der Flüchtlinge mit Arzneimitteln durch die Apotheken vor Ort.“ Wie diese genau erfolgt und welche Anforderungen an die Bevorratung zu stellen sind, erläuterte Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Um die Kommunikation mit den Flüchtlingen zu erleichtern, hat die AKWL eine Vielzahl von Piktogrammen aufbereitet, die inzwischen bundesweit in vielen Apotheken eingesetzt werden.
Thomas Rochell, Mitglied des AVWL-Vorstandes, erläuterte, wie die Abrechnung der an die Flüchtlinge abzugebenden Arzneimittel im „Dreiecksverhältnis“ zwischen Apotheken, Krankenkassen und Bezirksregierung erfolgt. „Derzeit erreichen uns täglich etwa 1.000 Rechnungen aus den Apotheken“, berichtete Anne-Christin Zurlutter. „Da aber unser Personalschlüssel nicht mit den Flüchtlingszahlen Schritt halten kann, bitten wir um Verständnis dafür, dass diese Rechnungen mit derzeit acht bis zehn Wochen Verzug beglichen werden.“
Dass es derzeit insbesondere darum geht, „praktikable Lösungen zu finden unter Einbindungen aller Apotheken vor Ort“, betonte u. a. Dr. Ute Stapel, Amtsapothekerin der Stadt Hamm. „Wir wollen und werden auch für alle Flüchtlinge eine Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau sicherstellen. Das ist schließlich unsere Profession“, fügte Hans-Joachim Krings-Grimm, Kreisvertrauensapotheker im Hochsauerlandkreis, an. Und Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening wies zum Abschluss der Veranstaltung darauf hin, dass die Flüchtlingswelle nicht nur eine Mammutaufgabe sei, sondern auch neue Chancen eröffne: „Uns erreichen derzeit u. a. aus Syrien sehr viele gut ausgebildete Menschen. Die ersten sind bereits in unseren Apotheken tätig. Gerade vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Nachwuchsmangels gilt es, diese Menschen schnell auch in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“
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