Bundesregierung beugt sich der Lobby der Drogerie-Ketten
(Münster, 2. Juli 2010) Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist es schwarz auf weiß nachzulesen: „Wir werden die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen, indem wir die Abgabe von Arzneimitteln in den so genannten Pick-up-Stellen verbieten." Keine neun Monate später ist der Vertrag in diesem Punkt nicht mehr das Papier wert, auf dem er geschrieben wurde: Der vom schwarz-gelben Kabinett verabschiedete Entwurf für das Arzneimittelsparpaket (AMNOG) wurde kurzfristig umgestrickt. „Die Drogeriekettenbetreiber haben es offenkundig geschafft, die Regierung umzudrehen. Der Sieg der Konzerne ist aber eine dramatische Niederlage für den Patienten- und Verbraucherschutz", sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
Noch im April hatte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, angekündigt: Wir schließen die Gesetzeslücke, 'Pick up' wird spätestens Anfang 2011 nicht mehr möglich sein. Notfalls geht das bis vor das Bundesverfassungsgericht." Denn Arzneimittel, so Spahn weiter, „sind ein besonderes Gut und keine Ramsch-Ware. Daher gehören sie in die Apotheke und nicht in den Schlecker."
In einem ersten Gesetzesentwurf hieß es dann auch noch folgerichtig: „Für die flächendeckende und sichere Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch Apotheken soll der Missbrauch des Versandhandels durch so genannte Pick-up-Stellen unterbunden werden."
Doch mittlerweile sind die Koalitionäre wortbrüchig geworden und lassen das Schlupfloch weiter offen - für Drogerieketten, Tankstellen und Pommesbuden. Dabei hatte - nach dem Europäischen Gerichtshof im Jahr 2009 - erst in der vergangenen Woche das Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich die Bedeutung der persönlichen Verantwortung des Apothekers bei der Abgabe von Arzneimitteln betont. „Jetzt erleben wir eine Klientelpolitik contra Arzneimittelsicherheit. Es ist auch vor diesem Hintergrund grotesk, dass die Bundesregierung beim Thema Pick-up ihr Wort bricht und mit politischen Scheuklappen agiert", so Overwiening. „CDU, CSU und FDP haben sich damit für eine Versorgung zweiter Klasse und gegen eine hochwertige Arzneimittelversorgung entschieden."
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Die Mitgliederversammlung der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat am 1. Juli 2010 in Berlin einstimmig folgende Resolution zu den jüngsten Vorhaben der Bundesregierung im Arzneimittelbereich verabschiedet.
Link zur Resolution auf der Homepage der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.