1. Münsteraner Gesundheitserklärung im Rahmen der Münsteraner Gesundheitsgespräche 2010 unterzeichnet

"Wir müssen heute gemeinsam die Lösungen für morgen erarbeiten"

(Münster, 15. April 2010) Impulse, Denkanstöße und konkrete Forderungen sind das Ergebnis der 1. Münsteraner Gesundheitsgespräche: Einflussreiche Politiker sowie Vertreter aus Medizin, Pharmazie, Kassen und Patientenorganisationen waren zu der Premieren-Veranstaltung am 14. und 15. April auf Einladung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ins Factory-Hotel gekommen, um an der fachübergreifenden Diskussion zur Zukunft der Gesundheitsberufe teilzunehmen. „Es ist wichtig, jetzt die Weichen zur Zukunftssicherung zu stellen. Wir sehen das große Interesse an der Veranstaltung sowie die Unterzeichnung der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung als wichtiges Signal für eine positive Entwicklung im Gesundheitsbereich“, bilanziert Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

Neben NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), Michael Kauch (FDP), Mitglied des Bundestages, und Maria Klein-Schmeink, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Gesundheitsausschuss des Bundestages, sprachen Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Dr. Anna Boos, münstersche SPD-Landtagsabgeordnete, sowie Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen.

Inhaltlich waren sich die Referenten einig: Der demografische Wandel stellt Politik, Gesundheitsberufe und Betroffene vor enorme Hürden. Da die Deutschen im Durchschnitt immer älter werden und die Bevölkerungszahl weiter sinkt, werden künftig immer weniger Beitragszahler für immer mehr ältere Menschen mit einem hohen Versorgungsbedarf Beiträge entrichten. Das heißt, dass die Finanzierung des Gesundheitswesens immer schwieriger werden wird. „Dass wir in einer alternden Gesellschaft leben, ist uns mittlerweile auf theoretischer Ebene vertraut. Die praktischen Herausforderungen, die in diesem Zusammenhang auf uns zukommen, sind dabei bei weitem weniger klar“, so Laumann.  Eine der Herausforderungen ist der zunehmende Ärztemangel sowie der Nachwuchsmangel bei den Apothekern und die damit verbundene lückenhafte Arzneimittelversorgung weiter Bevölkerungskreise.

Um ihren Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen, unterzeichneten mehrere Gesundheitsverbände heute (15. April 2010) die „1. Münsteraner Gesundheitserklärung", die ein Statement zur Zukunft der Branche in Westfalen-Lippe formuliert. Im Kern sprechen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung dafür aus, die Herausforderungen der Demographie in der Gesundheitsversorgung jetzt anzunehmen und die notwendigen Weichenstellungen für die Zukunft vorzunehmen.

Im Gesundheitswesen und speziell in der Arzneimittelversorgung sehen die Unterzeichner vier zentrale Herausforderungen und Zukunftstrends:

  1. Multimorbidität, also das Auftreten mehrerer Krankheiten zur gleichen Zeit.

  2. Die Gefahr von Versorgungsmängeln durch mangelnde räumliche Präsenz.

  3. Ein Trend zu mehr Selbstverantwortung (bis hin zur Eigendiagnose) und verstärkter Selbstmedikation.

  4. In der Konsequenz eine fortschreitende Abnahme der Patientensicherheit.

Die Unterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung rufen daher dazu auf, "heute gemeinsam die Lösungen für morgen zu erarbeiten". Nordrhein-Westfalen kann eine Pilotfunktion übernehmen und als einwohnerstärkstes Bundesland Vorreiter für die Zusammenarbeit aller beteiligten Gruppen sein. Daher fordern die Partner "die Handelnden im Gesundheitswesen und in der Politik in Land und Bund auf, zeitnah die Initiative‚ Zukunft der Gesundheitsvorsorge’ ins Leben zu rufen".

Da sicher ist, dass der weitere Zugang zu medizinischem Fortschritt für die gesamte Bevölkerung erhebliche Kosten verursachen wird, lehnen die Unterzeichner "ein System der verdeckten Rationierung, wie sie in staatlich finanzierten Systemen mit Wartezeiten oder der Verweigerung von Therapien vorkommen, nachdrücklich ab".

Wenn künftig die gleichen Leistungen wie heute finanziert werden sollen, müssen die Beiträge oder die Steuerzuschüsse erheblich steigen. Das kann so nicht erwartet werden. Die Unterzeichner appellieren an die Partner der zu schaffenden Initiative ‚Zukunft der Gesundheitsversorgung’, hier eine ebenso klare wie mutige Aussage zu treffen. Die Versicherten sollten sich so früh wie möglich verlässlich darauf einstellen, was in Zukunft von der Solidargemeinschaft abgesichert wird und wofür sie selbst vorsorgen müssen.

Fakt ist: In verschiedenen Landstrichen bluten kleinere Gemeinden und Städte in den nächsten Jahrzehnten förmlich aus. Die Bündnispartner fordern insbesondere aus der Politik Strategien, diese Entwicklung deutlich zu bremsen. Zu diskutieren sind beispielsweise "Start-Prämien" für im Aufbau befindliche Landarztpraxen oder für deren Fortführung sowie die künftige Bedeutung von Facharztpraxen und Ärztehäusern.

Die Unterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung sind zudem der Überzeugung, dass auf Grund der demographischen Entwicklung sowie der Alterung der Gesellschaft und der damit einhergehenden zunehmenden Krankheitshäufigkeit ein wachsender Bedarf an Heilberuflern notwendig sein wird. Schon jetzt ist absehbar, dass künftig die ausreichende Versorgung eine weitere Herausforderung sein wird, da es an ärztlichem, pharmazeutischem und pflegerischem Personal mangeln wird.

Die Aufgabe der Initiative "Zukunft der Gesundheitsversorgung" wäre es, Wege gegen die bereits seit Jahren bestehende Abwanderung qualifizierter Ärztinnen und Ärzte zu erarbeiten sowie Anreize für Pharmaziestudienplätze zu schaffen. Gabriele Regina Overwiening: „Der Personalmangel im Apothekenbereich würde mittelfristig zu weniger Beratung, schwächerer Arzneimittel-Risikominimierung und damit geringerer Arzneimittelsicherheit, de facto also zu einem schlechteren Verbraucherschutz führen.“

Die 16 Erstunterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung sind:

  • Gabriele Regina Overwiening (Reken), Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • René Graf (Beckum) Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Dr. Silvia Köchling (Münster), com4healthcare
  • Daniela Biermann (Eschborn), Pharmazeutische Zeitung
  • Margarete Tautges (Kamen), Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Rosemarie Wert (Münster), Seniorenrat der Stadt Münster
  • Ellen Oetterer (Münster), ADEXA – Die Apothekergewerkschaft
  • Johannes Hermes (Bergkamen), Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe
  • Sylvia Köchling (Münster), Rechtsanwältin/Kanzlei am Ärztehaus
  • Frank Dieckerhoff (Dortmund), Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Dr. Andreas Walter (Münster), Geschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Michael Schmitz (Münster), Geschäftsführer Kommunikation der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Guido Ernicke (Köln), Deutsche Krankenversicherung AG - DKV
  • Dr. Lars Ruwisch, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
  • Gerhard Daniel, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe
  • Dr. Sylvia Prinz, Abteilungsleiterin Weiterbildung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe 

 


Downloads

Liste der Erstunterzeichner der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung

[erstunterzeichner_15042010.pdf] | PDF | 30 KB

Führte in den Themenkreis "Demographischer Wandel" der 1. Münsteraner Gesundheitsgespräche ein: Frau Professor Dr. Adelheid Kuhlmey, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen

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Pressemitteilung zu den 1. Münsteraner Gesundheitsgesprächen

[pm_gesundheitsgespraeche_15042010.pdf] | PDF | 115 KB

"Wir müssen heute gemeinsam die Lösungen für morgen erarbeiten" – Der vollständige Wortlaut der 1. Münsteraner Gesundheitserklärung

[muensteraner-gesundheitserklaerung_demographie.pdf] | PDF | 35 KB

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) machte in seinem Grußwort die praktischen Herausforderungen des demographischen Wandels zu seinem Schwerpunkt.

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Auf dem Podium diskutierten (v.l. nach rechts): Gabriele Regina Overwiening (Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe), Dr. Anna Boos (MdL, SPD), Jens Spahn (MdB, CDU), Maria Klein-Schmeink (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) und Michael Kauch (MdB, FDP).

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