Apothekerschaft und Politik sprechen über Reformvorhaben des BMG

Podiumsdiskussion zur Gesundheits- und Arzneimittelversorgung in Münster

(Münster, 31. Juli 2024) Massive Lieferengpässe bei Arzneimitteln, eine immer älter werdende Bevölkerung mit multiplen Erkrankungen, ein Klimawandel mit Folgewirkungen für die Gesundheit, Epidemien und Pandemien, ein enormer Fachkräftemangel, rapide sinkende Apothekenzahlen und eine nicht mehr auskömmliche Vergütung: Die Situation in den Apotheken vor Ort ist derzeit höchst angespannt. Jetzt plant das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Apothekenreform, die die Apothekenteams zutiefst besorgt. Bei einer von Apothekerverband
Westfalen-Lippe (AVWL) und Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) gemeinsam anberaumten Regionalkonferenz in Münster diskutierten die Apotheker*innen aus Westfalen-Lippe am Montag vor gut 100 Zuhörer*innen mit Bundes- und Landtagsabgeordneten von CDU, SPD und der Partei Die Linke – und machten deutlich, welche dramatischen Folgen die Umsetzung des Gesetzesvorhaben hätte.

Zwei Apothekerinnen aus Münster beschrieben zu Beginn der Veranstaltung, welchen Herausforderungen sie sich tagtäglich stellen: „Ich stehe seit 40 Jahren aus Überzeugung im Beruf und kann sagen: Der finanzielle Druck war noch nie so stark wie jetzt“, sagte Apothekerin Angelika Plassmann, Sprecherin der Münsteraner
Apothekerschaft. „Wir haben Kosten, die seit Jahren steigen und gleichzeitig bleibt seit über zehn Jahren eine Anpassung des Honorars aus. Wir brauchen dringend eine finanzielle Stärkung der Apotheken – auch damit wir nicht noch mehr Fachkräfte verlieren.“

Juliane Hermes, Vorsitzende der AVWL-Bezirksgruppe Münster sorgt sich ebenfalls um die Versorgungsstruktur und die Versorgungssicherheit für die Patient*innen. „Immer mehr Apotheken schließen, das Netz wird dünner.“ In den nunmehr sieben Jahren ihrer Selbständigkeit habe sich die Situation massiv und dramatisch verändert.

Apothekenzahlen im Sinkflug

Auch in Münster sinken die Apothekenzahlen beständig. Trotz einer wachsenden Bevölkerung gibt es aktuell nur noch 81 Apotheken – es waren einmal über 100. Seit 2009 ist die Zahl der Apotheken in Münster um fast 16 Prozent gesunken. Der Rückgang im gesamten Landesteil Westfalen-Lippe liegt bei fast 25 Prozent.

Frank Dieckerhoff, Vizepräsident der Apothekerkammer (AKWL), fand in der Diskussion mit den politischen Vertretern deutliche Worte für den aktuellen Gesetzesentwurf des BMG und warnte vor den Konsequenzen: „An diesem Entwurf gibt es aktuell nichts Gutes, außer der erklärten Zielsetzung, die Apotheken zu stärken“, so der Apotheker aus Dortmund. „Insbesondere der Plan, Apotheken ohne Apotheker*innen zu etablieren bedeutet aber nichts anderes als den Anfang vom Ende eines bewährten Systems und die ethische Tragweite wäre enorm. Das können wir nicht zulassen.“

Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) betonte: „Mit diesem Entwurf rettet man keine Apotheke, im Gegenteil, das Apothekensterben wird noch beschleunigt. Wir werden alles dafür tun, dass das, was gerade im Raum steht, so nicht eintritt.“

System stabilisieren statt zerstören

In der Podiumsdiskussion mit den politischen Vertretern zeigte sich Thorsten Klute, der für die SPD auf dem Podium stand, zwar offen für die Nöte und Argumente der Apothekerschaft, gleichwohl verwies er auf den noch frühen Status des Entwurfes: „Es mag sein, dass noch nicht alles daran optimal ist, deshalb müssen wir jetzt darüber reden und schauen, wie wir es erreichen, dass die Versorgung in allen Regionen erhalten wird.“ Gleichzeitig betonte der gesundheitspolitische Sprecher seiner Fraktion im Landtag, die Apotheken müssten die Chancen nutzen, sich durch weitere Leistungen vom Internethandel abzugrenzen.

Kathrin Vogler, MdB für die Partei DIE LINKE, stellte klar heraus, dass sie den Reformplänen kritisch gegenübersteht. „Wir tun uns keinen Gefallen mit Apotheken zweiter Klasse – Menschen müssen überall gleichermaßen Zugang zu einer sehr guten qualitativen und sicheren Versorgungsstruktur haben – in der Stadt ebenso wie auf dem Land.“

Auch der CDU-Politiker und Bundestagsabgeordnete Henning Rehbaum stellte sich hinter die Apothekerschaft: „Ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Apotheken vor Ort ist die Anwesenheit von Apotheker oder Apothekerin vor Ort – und das ist nicht zu ersetzen.“

Seine Parteikollegin Simone Wendland, Mitglied des Landtags, kündigte mit Blick auf das anstehende parlamentarische Verfahren des Gesetzesentwurfes an: „Eine Apotheke ist kein Drugstore und der Wert des apothekerlichen Berufs muss im Sinne der Patient*innensicherheit erhalten werden. Der Widerstand aus NRW wird bei diesem Gesetz erheblich sein – zumindest aus dieser Fraktion.“ Die Apothekerinnen und Apotheker bestärkte sie darin, weiter das Gespräch mit den politischen Entscheidern und der Öffentlichkeit zu suchen.

Weitere Diskussionsrunden mit Politik angekündigt

Im Rahmen von weiteren Regionalkonferenzen wollen die Apothekerinnen und Apotheker weitere politische Vertreter*innen über Bedenken zu diesem Entwurf informieren und konstruktiv diskutieren. Die nächsten Veranstaltungen, die gemeinsam von Apothekerverband und Apothekerkammer Westfalen-Lippe ausgerichtet werden, finden in Soest, Detmold und Bielefeld statt.


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Diskutierten über die Zukunft der Arzneimittelversorgung (v.l.): Simone Wendland (CDU), Henning Rehbaum (CDU), Apothekerin Angelika Plassmann, Kathrin Vogler (Partei DIE LINKE), Apothekerin Juliane Hermes, Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des AVWL, Thorsten Klute (SPD) und Frank Dieckerhoff, Vizepräsident der AKWL Foto: AKWL/Kassenbrock

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Download der Pressemitteilung zur Podiumsdiskussion zur Gesundheits- und Arzneimittelversorgung in Münster

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