Inkompatibilitäten
Inkompatibilitäten sind Unverträglichkeiten zwischen zwei oder mehr Bestandteilen eines Rezepturarzneimittels. Sie können zwischen Wirk- und Hilfsstoffen, aber auch als Wechselwirkung von Wirk- und/oder Hilfsstoffen mit dem Primärpackmittel auftreten.
Man unterscheidet
- manifeste Inkompatibilitäten (sofort erkennbar) und
- larvierte Inkompatibilitäten (versteckt, nicht sofort erkennbar).
Vermeiden von Inkompatibilitäten
- Kationische Stoffe nicht mit anionischen Stoffen kombinieren
- Phenolische oder grenzflächenaktive Stoffe nicht mit nichtionischen PEG-haltigen Hilfsstoffen oder Celluloseethergelen kombinieren
- Grenzflächenaktive Stoffe nicht mit wasserhaltigen, lipophilen Cremes (W/O) kombinieren
- Salben und Cremes nur mit identischen Systemtypen mischen
Galenisches Profil standardisierter Dermatikagrundlagen
(NRF-Tabellen für die Rezeptur)
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Begünstigende Faktoren für Inkompatibilitäten
- hohe Anzahl von Bestandteilen
- geringe Stabilität einzelner Bestandteile
- hohe Anzahl funktioneller Gruppen
- ionische Substanzen
- Wassergehalt
Die häufigsten Ursachen von Inkompatibilitäten
- Instabilitäten und Zersetzung (u.a. durch pH-Verschiebung)
- Reaktionen zwischen Kationen und Anionen (bei Dissoziation in Wasser)
- phenolische Stoffe mit Hydrogelbildnern vom Cellulosetyp
- phenolische Stoffe mit nichtionischen Emulgatoren vom PEG-Typ
- grenzflächenaktive Stoffe mit lipophilen Cremes (=hydrophobe Cremes)
- grenzflächenaktive Stoffe mit nichtionischen Emulgatoren vom PEG-Typ (bei höherem Wassergehalt)
- Kombination unterschiedlicher Grundlagentypen vermeiden, also nur gleiche Vehikeltypen (Phasenlagen) mischen
Der Einfluss des pH-Wertes
- relevant nur in wasserhaltigen Zubereitungen
- der pH-Wert entscheidet, ob der Wirkstoff in der
wirksamen Form vorliegt (geladen oder frei)
(Wirkstoffe und Konservierungsmittel liegen oft als
Säuren oder Basen vor) - der pH-Wert beeinflusst zudem die chemische Stabilität (Hydrolyse von Estern oder Amiden)
Konsequenzen:
- grundsätzliche Überprüfung des pH-Wertes
- Einstellen des pH-Optimums mit Citronensäure (= pH-Absenkung) oder Trometamol (pH-Anhebung)
- Pufferzusatz bei pH-Optimum im schwach sauren Bereich
- evtl. Vorkonservierung der Salbengrundlage beachten
- im Fall von Wirkstoffen mit unterschiedlichen rezeptierbaren pH-Bereichen sollte eine Schnittmenge von 1,5 pH-Einheiten oder mehr bezüglich des pH-Optimums bestehen
- Haltbarkeit bei Bedarf verkürzen
Kation-Anion-Wechselwirkung
Durch eine Wechselwirkung zwischen Kationen und Anionen bilden sich Salze, die i. d. R. eine schlechtere Löslichkeit als die Ausgangsstoffe zeigen. Dadurch es kommt zu Ausfällungen und einem Wirkungsverlust.
Achtung: Auch Hilfsstoffe können ionisch sein und müssen auf Kompatibilität geprüft werden (z.B. Wasserhaltige Hydrophile Salbe. die jetzt nach dem neuen DAB 2015 in Anionische Hydrophile Creme umbenannt worden ist).
Konsequenzen:
- Anionen und Kationen dürfen im wässrigen Medium niemals aufeinander treffen
- einer der ionischen Stoffe muss ausgetauscht werden
- oder getrennte Zubereitung mit alternierender Anwendung
- Regel: kationische Wirkstoffe + nichtionische O/W-Cremes,
kationische Wirkstoffe + nichtionische Hydrogele - Phasenlage muss erhalten bleiben
Nichtionische Salbengrundlagen | Gängige Beispiele |
Hydrophobe Salben (Kohlenwasserstoffgele) | Vaseline, weiß und gelb Ph. Eur., Einfache Augensalbe DAC |
Lipophile Gele (Oleogele) | Hydrophobes Basisgel DAC |
Wasseraufnehmende Salben vom W/O-Typ (W/O-Absorptionssalben) |
Wollwachsalkoholsalbe DAB |
Lipophile Cremes (W/O-Cremes) |
Weiche Salbe (Ungt. Molle) DAC |
Amphiphile Creme | Basiscreme DAC |
Wasseraufnehmende Salben vom O/W-Typ (O/W-Absorpitonssalben) | Unguentum Cordes |
Hydrophile Cremes (O/W-Cremes) | Nichtionische Hydrophile Creme DAB Nichtionische Hydrophile Creme SR DAC (NRF S.26.) Nichtionisches Wasserhaltiges Liniment DAC (NRF S.39.) |
Hydrophile Lotion (O/W-Lotion) | Hydrophile Basisemulsion DAC (NRF S.25.) (Hydrophile Hautemulsionsgrundlage) |
Hydrophiles Gel | Hydroxyethylcellulosegel DAB |
Phenolische Stoffe, nichtionische Tenside (PEG-Typ) oder Celluloseether
Die Hydroxylgruppe des Phenols geht elektrostatische Wechselwirkungen mit Estern ein. Dadurch kommt es zu einem Wirkverlust durch z.B.
- Brechen der Emulsion (macrogolhaltige Emulgatoren) oder
- Verflüssigung von Hydrogelen (Celluloseether als Gelbildner).
Konsequenzen:
- bei Kombination von Cellulosegel mit phenolischem Stoff Austausch der Gelgrundlage gegen carmellose- oder carbomerhaltige Gelgrundlagen
- für W/O-Cremes
- phenolische Wirkstoffe + anionische Emulgatoren
- phenolische Wirkstoffe + neutrale Emulgatoren (macrogolfrei)
- für Hydrogele
- phenolische Wirkstoffe + anionische Hydrogelbildner
- phenolische Wirkstoffe + neutrale Hydrogelbildner (ohne Etherbrücken)
Mizellen- und Mischmizellenbildung
Mögliche Wechselwirkungen:
- Solubilisation = Einschließen phenolischer Substanzen in Mizellen (wässrigen Lösungen)
- Mischmizellenbildung mit grenzflächenaktiven Wirkstoffen
Folgen von Mischmizellen:
- Wirkverminderung oder Wirkverlust
- Konservierungsmittel (Parabene) können so der
wässrigen Phase entzogen werden (mikrobielle
Instabilität) - Funktionsverlust des Emulgators/Gelbildners
Problemlösung:
- Verwendung wasserfreier Grundlagen oder
- Wollwachsalkoholsalbe mit Wassergehalt < 20 % oder
- anionische, hydrophile Cremes (mit anionischen Emulgatoren)
Bitte beachten: Ein Austausch der Grundlage ist in diesen Fällen auf jeden Fall mit dem verschreibenden Arzt abzustimmen!
Kombination von Salbengrundlagen
Mögliche Probleme beim Mischen verschiedener Vehikelsysteme:
- Brechen der Creme (Emulgatoren stören sich)
- Phasenumkehr (Bancroft´sche Regel)
- inhomogene Wirkstoffverteilung durch Umlagerung der
dispersen Phase - fehlende Anpassung an den Hauttyp
Das Mischen von O/W- und W/O-Systemen ist galenisch und therapeutisch nicht sinnvoll, da sie für unterschiedlich beschaffene Hautareale geeignet sind.
Nach § 7 ApBetrO handelt es sich hier um eine Unklarheit, die vor der Herstellung zu beseitigen ist.
Vehikelwahl nach Erkrankung | Vehikelwahl nach Hauttyp |
Akutes Stadium:
hydrophil, wärmeziehend und austrocknend
|
Seborrhoische Haut:
|
Subakutes bis chronisches Stadium:
hydrophob mit Okklusionseffekt und Tiefenwirkung
|
Sebostatische Haut
|
Literaturtipps zum Thema Inkompatibilitäten
- DAC/NRF Tabellen für die Rezeptur
- NRF-Rezepturhinweis "Unverträglichkeiten bei Dermatika"
- Tabellen für Rezeptur und Defektur aus Herbert Gebler "Tabellen für die Pharmazeutische Praxis", Deutscher Apotheker Verlag
- Caelo-Spezial (Doc-Check-Login erforderlich)
- Caelo-Rezepturfächer
- Asche-Basis-Rezepturen
- Dr. Wolff Rezepturbroschüre, Prüfvorschriften, Analysenzertifikate (Doc-Check-Login erforderlich)
- Rezeptur-Scheibe (Govi-Verlag)